Читаем без скачивания На войне под наполеоновским орлом. Дневник (1812–1814) и мемуары (1828–1829) вюртембергского обер-лейтенанта Генриха фон Фосслера - Генрих фон Фосслер
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И Мартенс, и Йелин служили в пехоте, и, в отличие от Генриха Фосслера, принимали участие в походе вместе с вюртембергским контингентом, то есть в составе 3-го армейского корпуса под командованием Мишеля Нея. Их взгляд на войну существенно отличается от взгляда Фосслера. По этой причине изображения, которые помещены в настоящем издании, не относятся напрямую к содержанию текста Фосслера. Однако они могут служить для визуализации военного опыта офицера из Тутлингена, так же как рисунки и акварели Альбрехта Адама и Христиана Вильгельма фон Фабер дю Фора в многочисленных публикациях о войне 1812 г.
Vorwort
Das Tagebuch und die Erinnerungen des Oberleutnants Heinrich von Vossler (1791 – 1848) zählen zu den interessantesten Selbstzeugnissen, die von württembergischen Teilnehmern am europäischen Krieg der Jahre 1812 bis 1814 erhalten sind. Seit 1994 werden die beiden Texte in den Beständen des Hauptstaatsarchivs Stuttgart verwahrt. Da die Dokumente bisher weder in der deutschen Originalversion noch in russischer Übersetzung publiziert worden waren, bot sich eine wissenschaftliche Edition im Rahmen der Reihe „Archivalia Rossica“ nachdrücklich an. Ich folgte daher sehr gerne dem Angebot von Dr. Denis Sdvižkov (Deutsches Historisches Institut Moskau) zur Bearbeitung der Manuskripte.
Die autobiografischen Aufzeichnungen Vosslers werden in der vorliegenden Veröffentlichung vollständig in deutscher und russischer Sprache wiedergegeben und kommentiert. Der Textedition ist eine Einführung vorangestellt, welche die Erlebnisse und die Darstellung des württembergischen Offiziers in den jeweiligen historischen Kontexten verankert. Eine Hauptschwierigkeit bei der Bearbeitung der Texte bestand in der Ermittlung der etwa 600, häufig sehr kleinen mittel- und osteuropäischen Orte, die von Vossler genannt werden. Die Identifizierung gelang mit vereinten Kräften schließlich in fast allen Fällen.
Die Arbeit an der Edition hat viel Freude bereitet. Dass dies so war, lag maßgeblich an der hervorragenden Zusammenarbeit mit Herrn Dr. Sdvižkov, dem für die Aufnahme des Textes in die Reihe „Archivalia Rossica“ sowie für vielfältige fachliche und sprachliche Unterstützung herzlich gedankt sei. Bei der Entstehung des Buches wirkten darüber hinaus weitere Personen und Institutionen mit, denen an dieser Stelle ebenfalls von Herzen gedankt sei: Yurij Karjakov machte mein Manuskript durch seine Übersetzung dem russischen Lesepublikum zugänglich. Herbert Kneidl (Neutraubling) zeichnete die beiden im Buch enthaltenen Karten; mit technischem Rat zur Seite stand ihm Eugen Bastron (Deutsches Historisches Institut Moskau). Meine Recherchen zur Vita und zu den Aufzeichnungen Heinrich von Vosslers unterstützten Dr. Johannes Grützmacher (Landeskirchliches Archiv Stuttgart), Dr. Kerstin Losert (Württembergische Landesbibliothek Stuttgart), Dr. Matthias Ohm (Landesmuseum Württemberg) und Gunda Woll (Museen der Stadt Tuttlingen). Ein großes Dankeschön gilt der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart, die die Illustration des Buches mit Aquarellen von Christoph Ludwig von Yelin ermöglichte. Schließlich sei Dr. Nicole Bickhoff, der Leiterin des Hauptstaatsarchivs Stuttgart, für ihre Unterstützung des Editionsprojekts herzlich gedankt.
Stuttgart, im August 2016Dr. Wolfgang MährleEinführung
1. Frieden und Krieg: Frankreich und Russland 1807 – 1814
Der gescheiterte Feldzug Napoleons gegen Russland im Jahr 1812 ist bis zum heutigen Tag fest im kollektiven Gedächtnis Europas verankert. Die fast vollständige Vernichtung der französischen Grande Armée, die zu Kriegsbeginn etwa 600.000 Mann gezählt hatte, gilt weithin als die größte militärische Katastrophe der Neuzeit vor den Weltkriegen des 20. Jahrhunderts. Das hohe öffentliche Interesse, das nach wie vor am französisch-russischen Krieg von 1812 besteht, fand im Gedenkjahr 2012 in verschiedenen Ländern, insbesondere in Russland, in zahlreichen Ausstellungsaktivitäten, Symposien, Vortragsveranstaltungen sowie in einer breiten Medienberichterstattung seinen Ausdruck.[76]
Vor allem zwei Faktoren dürften für die enorme Bedeutung des Russlandfeldzugs Napoleons in der europäischen Erinnerungskultur Ausschlag gebend sein. Zum einen die politischen Folgen des Krieges. Aus der Rückschau betrachtet, markierte die Niederlage des französischen Kaisers in Russland einen Wendepunkt in der europäischen Geschichte des frühen 19. Jahrhunderts. Die Herrschaft Napoleons über weite Teile West-, Mittel- und Südeuropas wurde durch die Ereignisse des Jahres 1812 grundlegend erschüttert. Gut ein Jahr nach dem Ende des russischen Feldzugs existierte das Premier Empire nicht mehr. Zum anderen war es der dramatische Verlauf des französisch-russischen Krieges, der das Interesse an diesem militärischen Konflikt auch nach zwei Jahrhunderten noch weckt. Ereignisse wie die Feldschlacht bei Borodino, die Zehntausende das Leben kostete, vor allem aber der Brand Moskaus und der Rückzug der Grande Armée aus Russland bei Eis und Schnee verleihen dem Krieg von 1812 eine Bedeutung, die über das historische Geschehen hinausweist. Der Feldzug Napoleons erlangte in den vergangenen zwei Jahrhunderten eine symbolische Bedeutung für die Grausamkeit des Krieges an sich.
Die Vorgeschichte des französisch-russischen Konflikts von 1812 reicht bis in die 1790er-Jahre zurück.[77] Von 1795 bis 1807 hatten sich Zarin Katharina die Große sowie ihre Nachfolger, die Zaren Paul I. und Alexander I., regelmäßig und erfolglos an den Bündnissen gegen das revolutionäre bzw. napoleonische Frankreich beteiligt. Nach der Niederlage der von Preußen und Russland getragenen Vierten Koalition vollzog die russische Politik im Sommer 1807 eine Wende. Napoleon und Alexander schlossen im Juli 1807 in Tilsit am Niemen (dt.: Memel) ein Friedensabkommen, das gleichzeitig einen Allianzvertrag darstellte. Alexander akzeptierte die von Napoleon zum Teil bereits realisierte, zum Teil noch beabsichtigte territoriale Neuordnung West-, Mittel- und Südeuropas. Diese Reorganisation zielte auf eine französische Hegemonie über Italien, über die Schweiz, über die deutschen Staaten des Rheinbundes, über die Niederlande sowie über Ostmitteleuropa (Preußen, Polen) ab. Alexander verpflichtete sich zudem zum Anschluss an das französische Handelsembargo gegen Großbritannien, die sogenannte Kontinentalsperre. Russland und Frankreich versprachen sich daneben wechselseitige Unterstützung im Kriegsfall und steckten Interessensphären in Nordeuropa und – in allerdings unzureichender Weise – auch auf dem Balkan ab. Beispielsweise gestattete Napoleon Russland die Eroberung Finnlands, die 1808/09 erfolgte.
Die in Tilsit geschlossene Allianz zwischen den Kaiserreichen Frankreich und Russland war von Beginn an fragil. Hierfür waren vor allem langfristige politische Interessengegensätze zwischen den Bündnispartnern verantwortlich. Drei grundlegende Konfliktlinien lassen sich identifizieren. Erstens verkörperten das aus dem revolutionären Frankreich hervorgegangene Kaiserreich Napoleons und das dem Ancien Régime verhaftete Russland vollkommen verschiedene Herrschafts- und Gesellschaftsmodelle. Zweitens bestanden zwischen Frankreich und Russland starke geopolitische Gegensätze. Die beiden Imperien rivalisierten vor allem im östlichen Mitteleuropa (Polen, Preußen), aber auch auf dem Balkan und in Skandinavien. Drittens entsprach der erzwungene Anschluss an das Kontinentalsystem Napoleons nicht den wirtschaftlichen Interessen des Zarenreiches.
Außer durch politische Gegensätze war die in Tilsit geschlossene Allianz durch die konkreten Umstände ihrer Entstehung belastet. Der Kriegsverlierer Alexander musste im Sommer 1807 aus einer Position der Schwäche heraus verhandeln. Es kam aufgrund dieser Ausgangskonstellation zu keinem auf beiden Seiten gleichermaßen akzeptierten Ausgleich der Interessen. Der militärische Sieger Napoleon setzte vielmehr eine französische Suprematie im Bündnis voraus. Er versuchte in den Jahren nach 1807 wiederholt, diese Vorrangstellung zur Geltung zu bringen und Russland zum Erfüllungsgehilfen seiner Politik zu machen. Nicht nur politisch, sondern auch persönlich betrachtete der Empereur seinen Bündnispartner Alexander als nicht ebenbürtig. Diese Einschätzung war deshalb äußerst problematisch, weil sich die realen Machtverhältnisse nach 1807 zugunsten Russlands verschoben.
Die zahlreichen Konfliktherde in der imperialen Allianz zwischen Frankreich und Russland wurden in den Jahren nach 1807 sukzessive virulent. Das Bündnis war einem Erosionsprozess ausgesetzt, der sich über Jahre hinzog und der schließlich in offene Feindschaft einmündete. Die französisch-russischen Beziehungen zwischen 1807 und dem Ausbruch des Krieges im Frühjahr 1812 lassen sich in drei Phasen untergliedern. In den Jahren 1807 bis 1809 kooperierten die beiden Imperien, wenngleich die Schwierigkeiten im Bündnis bereits unübersehbar waren. Napoleon ordnete auf der Grundlage der Tilsiter Verträge den mitteleuropäischen Raum neu. Alexander führte siegreich Krieg gegen Schweden und gliederte anschließend Finnland in sein Imperium ein. Ein ernster Konflikt entspann sich jedoch aufgrund der französischen Kompensationsforderungen für die von Alexander geplante Annexion der osmanischen Provinzen Moldau und Walachei. Bei einem glanzvollen Treffen zwischen Napoleon und Alexander in Erfurt im September und Oktober 1808 war der Vertrauensbruch im Bündnis bereits offenkundig. In den Jahren 1809/10 kam es zum Bruch der Allianz. Hierfür waren mehrere Entwicklungen verantwortlich, die sich wechselseitig bedingten. Russland unterstützte Frankreich im Krieg gegen Österreich nur symbolisch, konspirierte unter der Hand sogar mit dem Gegner Napoleons. Der französische Kaiser reagierte, in dem er seinem Bündnispartner im Frieden von Schönbrunn nur einen kleinen Teil der von der Habsburgermonarchie abgetrennten galizischen Gebiete zusprach. Hingegen wurde das unter französischem Einfluss stehende, von Russland stets kritisch beäugte Herzogtum Warschau großzügig bedacht. Diese Ereignisse trugen wiederum dazu bei, dass Alexander das Ansinnen Napoleons zurückwies, die russische Großfürstin Anna zu ehelichen. Der französische Kaiser heiratete daraufhin die österreichische Erzherzogin Marie-Louise. Obwohl die französisch-russische Allianz durch die geschilderten Ereignisse Anfang 1810 weitgehend ausgehöhlt war, bestand das Tilsiter Bündnis formal bis 1812 weiter. In den letzten beiden Jahren vor Kriegsbeginn war das Verhältnis zwischen Frankreich und Russland durch zahlreiche konkrete politische Probleme massiv belastet. Dissens bestand vor allem über die Balkanpolitik Napoleons nach dem Frieden von Schönbrunn, die Wahl des französischen Marschalls Jean-Baptiste Bernadotte zum Kronprinzen von Schweden (Mai 1810), die zukünftige Rolle des Herzogtums Warschau sowie die faktische Wiederaufnahme des Handels mit Großbritannien durch Russland (31. Dezember 1810). Für erhebliche Verstimmung sorgte zudem die Annexion des Herzogtums Oldenburg durch Frankreich Anfang 1811. Durch die Ausweitung des Empire nach Norddeutschland verlor der Ehemann Großfürstin Katharinas, Herzog Peter von Oldenburg, seine Besitzungen; er emigrierte nach Russland.
Die zunehmende Entfremdung der Bündnispartner von Tilsit bewirkte, dass ein französisch-russischer Krieg sowohl in Paris als auch in Sankt Petersburg zunehmend als unausweichlich angesehen wurde. Die Jahre 1810 bis 1812 standen bereits im Zeichen der Kriegsplanung und Rüstung der nominell noch verbündeten Imperien. 1811 geriet Europa erstmals an den Rand des Krieges, als Alexander einen Präventivschlag gegen das Herzogtum Warschau erwog. Der militärische Konflikt brach schließlich ein Jahr später aus: Napoleon marschierte ab Juni 1812 an der Spitze einer etwa 600.000 Mann starken, von Soldaten aus weiten Teilen Europas gebildeten Grande Armée in Russland ein. Der damit ausgelöste Krieg sollte bis zum Frühjahr 1814 dauern.[78]
Der Verlauf des Feldzugs von 1812 war zunächst maßgeblich dadurch gekennzeichnet, dass die Armee Alexanders einer offenen Feldschlacht auswich und sich ins Innere des Zarenreiches zurückzog. Die französischen Streitkräfte hatten in den Sommermonaten aufgrund von ungünstiger Witterung, Versorgungsschwierigkeiten und dadurch bedingten Krankheiten hohe Verluste zu verzeichnen. Napoleon setzte dem zurückweichenden russischen Heer nach und errang schließlich in den Schlachten bei Smolensk (17./18. August) und Borodino (7. September) militärische Siege. Diese Erfolge vermochten den Krieg jedoch nicht zu entscheiden. Nach dem Eintreffen der bereits erheblich dezimierten Grande Armée in Moskau Mitte September ging die ehemalige Hauptstadt des Zarenreiches – wohl vor allem durch russische Brandstiftung – in Flammen auf; ihre Gebäudesubstanz wurde zu etwa 70 Prozent zerstört. Da Friedensverhandlungen Napoleons mit Alexander scheiterten und Moskau nicht gehalten werden konnte, trat die französische Armee am 19. Oktober den Rückzug an. Dieser geriet zur Katastrophe: Nahrungsmittelmangel, der Einbruch des Winters Anfang November, Krankheiten und Erschöpfung sowie Angriffe durch Teilverbände des russischen Heeres führten zu einem kontinuierlichen Verlust an Kampfkraft und schließlich zur weitgehenden Auflösung der französischen Formationen. Die besetzten Gebiete in Russland mussten sukzessive preisgegeben werden. In Weißrussland drohte vor dem Übergang über die Beresina zeitweilig sogar eine Einkesselung und völlige Vernichtung der verbliebenen Truppenkörper. Diese konnte zwar vermieden werden, doch erreichten ab Mitte Dezember nur schwache französische Verbände die Sammelplätze in Ostpreußen und im Herzogtum Warschau. Die Bilanz des ersten Kriegsjahres war für Frankreich desaströs: Von den 550.000 bis 600.000 Soldaten des napoleonischen Heeres, die in dem halben Jahr von Juni bis Dezember 1812 jenseits des Niemen eingesetzt gewesen waren, hatten etwa 400.000 entweder den Tod gefunden oder waren in Kriegsgefangenschaft geraten. Der Blutzoll, den das siegreiche Zarenreich Alexanders im ersten Kriegsjahr entrichtete, war ähnlich hoch: Auf der russischen Seite ist ebenfalls von etwa 400.000 toten Soldaten und Milizionären auszugehen. Hinzu kam die Verwüstung weiter Landstriche, die zum Durchzugsgebiet der feindlichen Armeen geworden waren.
Im zweiten Kriegsjahr 1813 wurde Mitteleuropa zum Kriegsschauplatz. Napoleon gelang es nach der Niederlage in Russland, rasch eine neue Armee aufzustellen. Zar Alexander konnte nach dem militärischen Erfolg des Jahres 1812 Bündnispartner gewinnen: Im Februar 1813 trat zunächst Preußen auf die russische Seite, im Verlauf der Sommermonate verstärkten Großbritannien, Schweden und Österreich die antinapoleonische Allianz. Die Kampfhandlungen, deren Brennpunkte vor allem in Sachsen und in Schlesien lagen, lassen sich in zwei Phasen einteilen. Im Frühjahrsfeldzug siegte Napoleons Heer bei Lützen/ Großgörschen (2. Mai) und Bautzen (20./21. Mai). Allerdings gelang dem französischen Kaiser wiederum kein Sieg, der den Krieg entschied. Nach einem über zweimonatigen Waffenstillstand vom 4. Juni bis zum 10. August zeigte sich, dass sich die relative Stärke der Kriegsparteien verändert hatte. Im Herbstfeldzug errang Napoleon zwar in der Schlacht um Dresden (26./27. August) einen Sieg, doch unterlagen in den folgenden Wochen mehrfach detachierte französische Verbände den alliierten Truppen. Die Entscheidung über die Kontrolle Mitteleuropas fiel schließlich in der Völkerschlacht bei Leipzig (16. – 19. Oktober), die Napoleon mit einer zahlenmäßig unterlegenen Armee verlor. Die französische Herrschaftsordnung in den deutschen Ländern brach im Anschluss an diese Schlacht rasch zusammen, die Reste der Grande Armée zogen sich nach Frankreich zurück.